Eine aseptische Osteonekrose stellt eine abakterielle, lokal begrenzte Nekrose des trabekulären Knochens und des dazugehörigen Knochenmarks dar. Die Osteonekrose ist typischerweise gelenknah gelegen und die Mikrozirkulationsstörung spielt eine wesentliche pathologische Rolle. Es ist überwiegend der konvexe Gelenkpartner betroffen. Eine Unterscheidung zu den diaphysären gelegenen Knocheninfarkten sollte vorgenommen werden. Die häufigste Lokalisation einer Osteonekrose im Erwachsenenalter ist die Osteonekrose des Hüftkopfes, die aseptische Femurkopfnekrose [22, 14, 9].

Das transiente Knochenmarködem (transiente Osteoporose oder „transient marrow edema“, Hüftalgodystrophiesyndrom) wird in der Literatur als seltene, selbstlimitierende Erkrankung von unklarer Genese beschrieben. Das histopathologisch und kernspintomographisch darstellbare Markraumödem betrifft nicht nur die Epiphyse, sondern auch die Metaphyse und kann die angrenzende Diaphyse erreichen. Erst seit der allgemeinen Verbreitung der Kernspindiagnostik ist die Diagnose des Markraumödems möglich.

Beim Knochenmarködem wird kontrovers diskutiert, inwiefern es sich um ein eigenständiges Krankheitsbild [6, 17] oder um ein noch reversibles Stadium der Hüftkopfnekrose (HKN) handelt [13, 8, 9].

Transientes Knochenmarködem

Da auch bei der transienten Osteoporose ischämische Pathomechanismen eine Rolle spielen, neigt der Autor ebenfalls zu der Meinung, dass das Knochenmarksödem (Abb. 1) als reversibles Stadium der Femurkopfnekrose anzusehen ist. In eigenen Untersuchungen konnten solche Vorstadien und Verläufe beobachtet werden. Beweisende Untersuchungen hierzu gibt es aber nicht. Dafür mag sprechen, dass die Therapie (Anbohrung) der Anfangsstadien der HKN und die Therapie des transienten Knochenmarködems die Progredienz beider Krankheitsbilder aufhalten kann [25, 26, 27, 28].

Abb. 1
figure 1

a Lauenstein-Röntgenaufnahme rechte Hüfte eines 43-jährigen Patienten mit transientem Markraumödem: Im Röntgenbild keine Auffälligkeiten. b NMR-Bild mit fettsupprimierter Wichtung, koronar, rechte Hüfte eines 43-jährigen Patienten mit transientem Markraumödem. Ein Oneline- oder Doubleline-Sign ist nicht zu erkennen. Man sieht ein Markraumödem des Hüftkopfes, des Schenkelhalses sowie Anteile der intertrochantären Region. c NMR-Bild mit T2-Wichtung, koronar, rechte Hüfte eines 43-jährigen Patienten mit transientem Markraumödem. Ein demarkierter Bezirk ist nicht zu erkennen

Das klassische Knochenmarködem normalisiert sich 6–12 Monate nach Einsetzen der Hüftsymptomatik [6]. Es sind aber auch längere Verläufe, gerade bei konservativer Behandlung, bekannt. Meist kommt es anfänglich zu einem akuten Hüftschmerz und einer erheblichen Funktionseinschränkung ohne Traumaanamnese. Die sehr schmerzhaft geschilderten Beschwerden gehen mit der Zeit etwas zurück, ohne jedoch komplett zu verschwinden. Erst die MRT-Untersuchung bringt dann Klarheit über das Krankheitsbild.

In 8–41% sind andere Regionen des Skelettsystems betroffen (z. B. mediales Tibiaplateau, Humeruskopf, mediale Talusrolle, gegenseitiger Hüfkopf [11, 15]). Radiologisch lässt sich häufig eine diffuse Osteopenie beobachten, die aber allenfalls richtungsweisend sein kann. Hieraus resultiert die ursprüngliche Bezeichnung transiente Osteoporose. Die Skelettszintigraphie weist durch eine Traceranreicherung im Hüftkopf auf das Vorliegen vermehrter Knochenumbauprozesse hin. Durch die MRT ist die Diagnostik eigentlich erst möglich geworden. Typischerweise findet man im MRT ein Knochenmarködem in Teilen des Hüftkopfes, des Schenkelhalses und ggf. der Trochanterregion.

Es gibt bisher keine Stadieneinteilung des transienten Knochenmarködems, was mit der unklaren Definition und Ursache zu tun hat [24]. Plenk et al. [24] gaben erstmals mit ihrer histologisch/morphologischen Untersuchung außer der Lokalisation und Symptomatik einen weiteren Hinweis, dass das Knochenmarködem ein reversibles Stadium der HKN darstellen könnte.

Guerra u. Steinberg [6] favorisierten die konservative Therapie mit Gewichtsentlastung und symptomatischer Schmerztherapie, ggf. kombiniert mit Medikamenten, die einen anabolen Knocheneffekt zeigen (Calcitonin, Bisphosphante, Vitamin D usw.). Hierunter konnte diese Autorengruppe keine Verkürzung des natürlichen Verlaufes erkennen, jedoch konnte in >80% zufrieden stellende Ergebnisse erzielt werden. Lakhanpal et al. [15] stellten bei 56 Patienten mit einer Schmerztherapie kombiniert mit Kortison-, Calcitonin-Therapie und Sympathikusblockade nach 10 Monaten eine Beschwerdefreiheit fest. Eine HKN wurde nicht beobachtet. Die Vorstellung damals war allerdings, dass es sich beim transienten Knochenmarködem um einen Morbus Sudeck handelt.

Wenn man die transiente Osteoporose als Vorstadium eines HKN betrachtet, bevorzugen andere Autoren die Core-Dekompression [26, 27, 8]. Radke et al. [26, 27] berichten über eine sofortige Schmerzfreiheit der mit einer Anbohrung behandelten Patienten (n=22) in >90%. Die nicht schmerzfreien Patienten (n=2) wiesen im weiteren Verlauf eine klare Demarkierung eines nekrotischen Bezirks auf, die als Zeichen einer HKN gewertet wurden. Hofmann et al. [8] konnte in einer Multicenterstudie (n=43) ebenfalls nach Core-Dekompression eine sofortige Schmerzfreiheit erreichen. Die operative Behandlung der transienten Osteoporose verkürzte in diesem Fall signifikant den natürlichen Verlauf des Knochenmarködems.

Eine klare Empfehlung, ob eine konservative oder operative Therapie bei transientem Knochenmarködem vorgenommen werden sollte, kann aufgrund der eingeschränkten Studienlage und der unklaren Ätiologie nicht gegeben werden. Der Autor bevorzugt jedoch die Anbohrung mit 2,2- oder 2,5-mm-Krischner-Drähten 8- bis 10-mal in das betroffenen Areal. Diese Anbohrungstechnik hat den Vorteil, dass eine iatrogene Schenkelhalsverletzung mit nachfolgender Fraktur quasi ausgeschlossen ist.

Hüftkopfnekrose

Männer sind 4-mal häufiger von einer HKN betroffen als Frauen. In 30–70% tritt die Krankheit beidseits auf. Aus epidemiologischen Studien aus Japan schätzt man, dass die Inzidenz für den deutschsprachigen Raum bei 5000–7000 Patienten/Jahr anzusetzen ist [22, 23]. Etwa 5–10% aller Hüftprothesen stehen im Zusammenhang mit einer HKN und deren Folgen [17].

Mit einem auffallend hohen Anteil an Patienten mit Alkoholabusus, Fettstoffwechselerkrankungen und Hyperkoagulabilität tritt diese Erkrankung v. a. in der heutigen Wohlstandsgesellschaft auf. Nach Solomon können 4 Mechanismen zu einer Femurkopfnekrose führen:

  • Unterbrechung des arteriellen Zuflusses (z. B. traumatisch),

  • Verschluss des venösen Abflusses (z. B. Kapseldehnung),

  • intravaskuläre Okklusion in den Arteriolen ( z. B. Sichelzellenanämie, Fettembolie z. B. bei Hyperlipidämie, Alkoholabusus oder Kortison-Therapie),

  • extravaskuläre Tamponade der Sinusoide (z. B. Gaucher-Krankheit).

Neuere Arbeiten haben mehrere genetisch bedingte Genstörungen in Assoziation mit der Thrombophilie und der Hypofibrinolyse herausgefunden [4, 17, 16, 12]. Glueck et al. [4] beobachteten eine erhöhte Prävalenz von Koagulationsabnormalitäten des „plasminogen activator inhibitor-1“ bei HKN-Patienten. Ein entsprechendes Screening bei diesen Patienten wird angeraten.

Ein weiterer nicht zu unterschätzender Risikofaktor stellt das Rauchen dar [7]. Matsuo et al. [20] beobachteten ein relatives Risiko von Langzeitrauchern für eine HKN von 3,9. Die Untersuchung über eine signifikant verminderte Frakturheilung durch Zigarettenkonsum bestätigt diese These [3].

Miller et al. [21] fanden bei HIV-Patienten in 4,4% der Fälle eine HKN in einer Patientengruppe von 339 Fällen. Welchen Einfluss allerdings die eingenommenen Medikamente oder die eigentliche Erkrankung haben, konnte nicht herausgefunden haben. Die Behandlung dieser vielfach betroffenen Patienten ist schwierig.

Allgemein bekannt, stellt die Kortikosteroidbehandlung einen wesentlichen Risikofaktor für eine HKN dar. Bei Untersuchungen der Steroidtherapie von SARS- (severe acute respiratory syndrome)Patienten konnte bei 254 Patienten in 5% eine HKN festgestellt werden. Wichtig erscheint bei dieser Studie die Tatsache, dass bei Patienten <3 g Prednisolon-Äquivalenteinnahme das Risiko mit 0,6%, bei Patienten mit Kortison-Einnahme von >3 g mit 13% anzunehmen ist [10, 5]. Dies unterstreicht die kumulative Wirkung der Kortikosteroide. Die nach Transplantation von Organen, (besonders Nieren), einsetzende Steroidtherapie zieht leider in ähnlicher Größenordnung eine Femurkopfnekrose nach sich. Fink et al. fanden in ihrem Krankengut von 43 Fällen eine Femurkopfnekrose in 9%, in 2 Fällen beidseitig.

Alkoholabusus ist ebenfalls ein bekannter Risikofaktor, eine Femurkopfnekrose zu erleiden (Abb. 2). Matsuo et al. [20] verglichen 112 HKN-Patienten mit einer Kontrollgruppe (n=168). Es wurde über eine klare Dosis-Wirkungs-Beziehung berichtet: Das relative Risiko (RR) beträgt 3,3 bei einem regelmäßigen Alkoholkonsum von <400 ml/Woche, RR=9,8 bei einem Alkoholkonsum von 400–1000 ml/Woche sowie ein RR=17 bei einem Alkoholkonsum von ≥1000 ml/Woche. Hiroto et al. [7] fanden bei einem Reinalkoholkonsum von regelmäßig >80 ml für eine Femurkopfnekrose ein RR=13,1. Diese Menge Alkohol liegt deutlich unter der Schwelle, ab der man als Alkoholiker gilt. Es entspricht ungefähr 2–3 Flaschen Bier täglich (nach deutscher Brauart und nach deutschem Reinheitsgebot)!

Abb. 2
figure 2

Hüftröntgenbild eines 36-jährigen Patienten mit Alkoholabusus. ARCO-Stadium III (beginnender Hüftkopfkontureinbruch) mit einer Nekroseausdehnung von ca. 30%

Trotzdem bleibt die Pathogenese und der Pathomechanismus nicht vollständig geklärt. Die subchondrale Gefäßversorgung des Hüftkopfes als „letzte Wiese“ der Durchblutung ist ähnlich dem Herzinfarktmodell die mögliche Ursache, die zur Osteonekrose führt. Die vaskuläre Insuffizienz gleich welcher Genese führt zum Knochenmarködem, -degeneration und zum Knochenabbau. Entscheidend für den weiteren Verlauf der Erkrankung (ebenfalls ähnlich dem Herzmuskel) ist die Reparationskapazität des Hüftkopfes. Diese Kapazität scheint besonders bei Kortison- und längerfristigem Alkoholabusus begrenzt.

Klassifikation und ARCO-Stadien

Hinsichtlich der HKN des Erwachsenen gibt es unterschiedliche klinische und radiologische Stadieneinteilungen[13, 19, 29], die sich meist an den neuen diagnostischen Möglichkeiten der jeweiligen Zeit (Röntgen, CT [19] und NMR [13, 29] orientierten. Eine einheitliche klinisch-diagnostische Stadieneinteilung der Femurkopfnekrose wurde von der ARCO 1995 vorgenommen (Tab. 1, Abb. 3). Hiernach werden 5 unterschiedliche Stadien eingeteilt. Die ARCO-Stadien sind eine pathophysiologische Einteilung, die einen Konsens der oben genannten Stadieneinteilung darstellt. Wegen der klinischen sowie prognostischen Wichtigkeit sollte die Diagnose einer HKN immer mit dem entsprechenden ARCO-Stadium angegeben werden (Abb. 4).

Tab. 1 ARCO-Klassifikation (s. Abb. 3)
Abb. 3
figure 3

Schematische Zeichnungen der Nekroseausdehnung: a Ausdehnung der Nekrose <15% des Hüftkopfes. b Ausdehnung der Nekrose zwischen 15–30% des Hüftkopfes. c Ausdehnung der Nekrose >30% des Hüftkopfes (s. Tab. 1)

Abb. 4
figure 4

a Röntgen a.-p. rechte Hüfte eines 52-jährigen Patienten mit Femurkopfnekrose ARCO-Stadium II, ca. 15% Nekroseareal. b NMR-Bilder T1-Wichtung, koronar, rechte Hüfte eines 52-jährigen Patienten mit Femurkopfnekrose ARCO-Stadium II, ca. 15% Nekroseareal. c NMR-Bild fettsuprimierte Wichtung, koronar, rechte Hüfte eines 52-jährigen Patienten mit Femurkopfnekrose ARCO-Stadium II, ca. 15% Nekroseareal. „Oneline-Sign“ zu erkennen (s. Tab. 1)

Anhand der Stadien ergeben sich die entsprechenden Behandlungsschemata, die in einem späteren Artikel behandelt werden. Die Therapie folgt den einzelnen ARCO-Stadien, wobei die Subklassifizierungen (Lokalisation und Ausdehnung) in den Studien eine geringere therapeutische Bedeutung zukommt als den einzelnen Stadien 0–4 [2, 26, 27].

Prognose

Die entscheidenden Stadien stellen das ARCO-Stadium II zum ARCO-Stadium III dar. Bis Stadium II ist es noch nicht zu einer Fraktur oder einem Einbruch der Kopfkontur gekommen, sodass eine Erhaltung des Hüftkopfes möglich erscheint. Ist die subchondrale Fraktur eingetreten, ist dies prognostisch ein schlechtes Zeichen. Bradaway u. Morrey [1] berichten, das in >85% der Fälle mit Femurkopfnekrose bei primär noch nicht vorhandenem Hüftkopfeinbruch im natürlichen Verlauf über 2 Jahre ein Hüftkopfkollaps zu beobachten ist. Der therapeutische Ansatz kann folglich nur sein, möglichst den Übertritt vom II. auf das III. Stadium zu verhindern. Nur dann kann der Hüftkopf erhalten bleiben und ein künstliches Gelenk der meist noch jüngeren Patienten vermieden werden.

Fazit für die Praxis

Die HKN zählt zu den Erkrankungen, die in unserer Wohlstandsgesellschaft mit Überernährung, Nikotinabusus, Alkoholabusus und metabolischen Syndromen immer häufiger auftritt. Da vorwiegend Menschen zwischen dem 30. und 50. Lebensalter betroffen sind, stellt diese Erkrankung eine nicht unerhebliche volkswirtschaftliche Beeinträchtigung dar. Die frühzeitige Kernspindiagnostik ermöglicht die Diagnose in einem Stadium, in dem noch eine gelenkerhaltende Behandlung möglich ist. Die genaue Kenntnis der ARCO-Klassifikation ist wichtig, da sie prognostische wertvoll ist.

Das transiente Knochenmarködem ist ein Krankheitsbild, das dem Anfangsstadium der Femurkopfnekrose sehr ähnlich ist, dessen Entität aber nicht geklärt ist. Es gibt in der Literatur sowohl konservative als auch operative Therapieempfehlungen für die transiente Osteoporose. Die Anbohrung bringt allerdings frühzeitiger die Beschwerdefreiheit.